11. Februar 2012

Rossini und die Eisenbahn

Nicht erst Arthur Honegger beschrieb mit "Pacific 231" (1923) musikalisch eine Eisenbahnfahrt, sondern auch schon Gioachino Rossini in seinem Klavierstück Un petit train de plaisir comico-imitatif, enthalten im Band 7 der Péchés de vieillesse (Sünden des Alters). Die ab 1857 entstandenen Péchés de vieillesse sind eine Sammlung von mehr als 160 Kompositionen (Klavierstücke, Lieder, Chorwerke und Kammermusik), - darunter zahlreiche Parodien, die alles Mögliche und Unmögliche in Musik setzen: von kulinarischen Köstlichkeiten (z. B. vertonte Vorspeisen) über Hygieneverrichtungen zu gymnastischen Übungen, über den hinkenden Walzer und den Walzer des Rhizinusöls zum herrlich lautmalerischen Chanson du Bébé. Un petit train de plaisir schildert mit viel Lautmalerei und schwarzem Humor ein Eisenbahnunglück, - der Vergnügungszug entgleist, und es gibt sogar Tote, von denen einer in die Hölle (absteigendes Arpeggio), ein anderer ins Paradies (aufsteigendes Arpeggio) kommt. Nach einem ernsten Trauergesang steht am Ende ein fröhlicher Walzer zum angeblich heftigen Schmerz der Erben.

Reto Müller hat sich eingehend mit Rossinis Abneigung gegen dieses neue Fortbewegungsmittel befasst: Rossini und die Eisenbahn.
Rossini selbst hat die Zwischentexte, die Reto Müller als Kapitelüberschriften dienen, in die Noten eingefügt. Der im Text erwähnte Ferdinand Hiller war ein deutscher Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller. Seine „Plaudereien mit Rossini“ sind als Band 1 der Schriftenreihe der Deutschen Rossini Gesellschaft erschienen.

Der im Text ebenfalls genannte Max Maria von Weber, Sohn des Komponisten Carl Maria von Weber, war Eisenbahningenieur und sächsischer Eisenbahndirektor und hat 1854 folgende Verhaltensregeln für Bahnreisende verfasst:
„Ein sehr guter allgemeiner Grundsatz ist, seinen Sitzplatz inne zu behalten, um ihn nicht eher zu verlassen, bis man am Orte seiner Bestimmung angelangt ist. Wenigstens steige man so selten wie möglich aus. Man wähle sich seinen Platz wo möglich in einem Wagen in oder doch wenigstens so nahe als möglich an der Mitte des Zuges.
Im Wagen sitzend hüte man sich, die Beine unter den gegenüberliegenden Sitz zu stecken oder sonst ein Glied des Körpers an seiner Beweglichkeit zu hindern. Erläuterung: Bei jedem raschen Geschwindigkeitswechsel kann es geschehen, dass der Körper nach vorn oder rückwärts im Wagen geworfen wird. Dies wird meist harmlos vorübergehen, wenn er sich frei vom Platze bewegen kann, während im Gegenteile Knochenbrüche oder Quetschungen die Folge sind.
Während der Fahrt halte man keine Stöcke oder Schirme vor sich im Wagen, noch weniger bringe man sie an den Mund oder stütze den Kopf darauf. Erläuterung: In Folge rascher Verminderung der Geschwindigkeit ist ebenfalls schon oft Einstoßen von Zähnen, Gaumen etc. herbeigeführt worden. Ebenso ist es nicht rätlich, auf der Reise aus Pfeifen zu rauchen, die ähnliche Vorfälle herbeiführen können.
Man meide das Fahren in Coupés mit bloß einer Reihe von Sitzen, die den Reisenden gegenüber Glasfenster haben, damit der Reisende nicht an die Scheiben geworfen werde.“

Quelle: Texte und Bilder zur Eisenbahn  -
Das Buch von Max Maria von Weber ist bei Google komplett digitalisiert:

 Die Schule des Eisenbahnwesens (1862).


Statt mit Pferden mit der Eisenbahn von Warschau nach Reims?
Auch das klappt nicht, die Gleise biegen sich gen Himmel!
So in der Inszenierung von  "Il viaggio a Reims" in Warschau.