10. November 2012

Mozart-Glück: "Le nozze di Figaro" mit Danielle de Niese, Ailyn Pérez und Rebecca Jo Loeb an der Hamburgischen Staatsoper

Mozart ist gut für die Seele, - ich jedenfalls brauche diese Musik und dann am liebsten natürlich live. Und wenn ich in eine ganz "normale" Repertoireaufführung gehe, so ist es meist eine Oper von Mozart. Wegen der Besetzung machte ich mir früher kaum Gedanken, - im Ensemble hatten wir Sänger und Sängerinnen, die Mozart zumindest ordentlich, oft aber auch gut oder sehr gut singen und gestalten konnten, und gelegentlich gab es sogar (noch) unbekannte Gastsänger zu entdecken, z. B. Mariella Devia als Konstanze (1984), Jonas Kaufmann in "Cosi fan tutte" (2000), Diana Damrau als Königin der Nacht (2001). Aufführungen unter der Leitung von Dirigenten wie Peter Schneider und Bernhard Klee waren besondere Erlebnisse, auch Ingo Metzmacher dirigierte Figaro und Titus ausgezeichnet. Seit einer sehr unerfreulichen Aufführung von "Le nozze di Figaro" vor fast genau zwei Jahren schaue ich allerdings jetzt doch genauer auf die Besetzung. Ein bunt zusammengewürfeltes "Ensemble" aus Kräften des Hauses war da vom Dirigenten durch die Partitur gehetzt worden, - keine Mozart-Wonnen, sondern meine Nerven flatterten. Als der Vorhang zur Pause fiel, rief jemand laut "Buh", - ich ergriff schweigend die Flucht! Seitdem heißt es: insbesondere auf Besetzungsänderungen achten und abwägen, - in der "Zauberflöte" vor einem Jahr sang Genia Kühmeier als Einspringerin eine hinreißende Pamina, da konnte man die Fehlbesetzung des Sarastro mit einem Bass ohne Tiefen und eine uninteressante Königin der Nacht verschmerzen. Eigentlich widerstrebt mir diese Sichtweise; denn gerade bei den Opern Mozarts sollte es doch eigentlich gar nicht auf einzelne Starsänger ankommen, sondern auf eine ausgewogene Ensembleleistung.

Dies doch einmal vorab zum aktuellen Stand der Hamburger Mozart-"Pflege", die m. E. in musikalischer Hinsicht einen traurigen Tiefpunkt in der von Simone Young dirigierten Premiere des "Don Giovanni" gefunden hat.

Jetzt aber lockte endlich wieder eine weitgehend attraktive Besetzung von "Le nozze di Figaro". Danielle de Niese übernahm als Einspringerin die Susanna, was zugleich ihr Deutschlanddebüt war, und beglückte mit wundervollem Mozartgesang. Auch in den Rezitativen wurde jede Nuance gestaltet, und darstellerisch war sie ein Wirbelwind.
 


Auch Ailyn Pérez - mir aus der vorigen Spielzeit bereits als Marguérite in Gounods "Faust" in guter Erinnerung - bot sängerisch und darstellerisch ein überzeugendes Rollenporträt der Gräfin. Besonders zu erwähnen ist der gelungene Triller, über den sich viele sonst hinwegschummeln.
 
 

 

Rebecca Jo Loeb, die mir schon als Rosina gut gefallen hatte, sang und spielte einen hinreißenden Cherubino.


Die Männer konnten da leider nicht ganz mithalten. Wilhelm Schwinghammer als Figaro und Viktor Rud als eher kleinstimmiger Graf Almaviva boten zwar durchaus gepflegten stilsicheren Gesang, blieben aber doch bei dieser Frauen-Power irgendwie farblos, - passt ja irgendwie auch zu den Rollen, denn das Heft in der Hand haben eindeutig die Damen, die den Männern zeigen, wo es lang geht, aber etwas mehr bassgewaltiges Grollen in der großen Arie des Grafen Almaviva hätte man sich beispielsweise doch gewünscht.

Ein großes Plus der Aufführung war, dass endlich einmal wieder auch die Rezitative gestaltet und nicht einfach als eher lästige Übergänge von Musiknummer zu Musiknummer abgespult wurden. Die weiteren Partien - Daniela Denschlag als Marcellina, Ayk Martirossian als Bartolo, Peter Galliard als Basilio, Frieder Stricker als  Don Curzio und Solen Mainguené als Barbarina - waren ansprechend besetzt.

Stefan Soltesz erwies sich wieder einmal als guter Kapellmeister, der bei durchaus flotten Tempi immer aber auch den Sängern Raum ließ für Nuancen der Gestaltung.

Besuchte Aufführung: 17. Oktober 2012


Händel - Giulio Cesare (Glyndebourne 2005)