Ein Nachruf auf den am 27. Oktober 2012 verstorbenen Hans Werner Henze in einem der Belcanto-Oper gewidmetem Blog? Ja, mir ist es ein Bedürfnis! Denn wenn sich auch mein Interesse im Laufe der Jahrzehnte auf Belcantogesang fokussiert hat, hat das Werk von Hans Werner Henze in meinem Opernleben eine wichtige und auch durchaus prägende Rolle gespielt.
Als ich Jahrzehnte später Hans Werner Henze auf der Premierenfeier von "L'Upupa und der Triumph der Sohnesliebe" von meinem Jugenderlebnis erzählte, hat ihn das sehr gefreut. Letztlich verdanke ich ihm, dass ich stets neugierig auch auf Neues und Unbekanntes geblieben bin und keine Scheu vor modernen Opern habe, auch wenn mir natürlich nicht alle gleichermaßen gefallen. Aber Live-Erlebnisse wie die Weltraumoper "Aniara" von Karl Birger Blomdahl (1961), "Le Grand Macabre" von György Ligeti (1981), "Kullervo" von Aulis Sallinen (2001 am Theater Lübeck) oder "Tri sestri" von Peter Eötvös (2000/2001 und 2006) und zuletzt "Lear" von Aribert Reimann (im Januar 2012 endlich in Hamburg!) waren und sind prägende Stationen in meinem Opernleben, - Beispiele für modernes Musiktheater, das sich bei einem rein akustischen Zugang sicherlich nicht so leicht erschließen ließe. Also neugierig sein und hingehen! Mir ist immer gegenwärtig, dass ja auch die Opern, die heute unser Standardrepertoire bilden oder die jetzt nach 150 oder gar 200 und mehr Jahren wieder "ausgegraben" werden, alle einmal ein auf die Uraufführung neugieriges Publikum hatten.
Nach einer längeren Unterbrechung gab es dann in den 1980er Jahren wieder einige Gelegenheiten, an der Hamburgischen Staatsoper Werke von Hans Werner Henze aus seinen verschiedensten Schaffensperioden kennenzulernen: "Das Wundertheater" (1980 und 1981 in der Opera stabile), "El Rey de Harlem" (1982 in der Opera stabile) und die Bearbeitung von Paisiellos "Don Quichotte"(1983 auf Kampnagel). Im Juni 2001 brachte Ingo Metzmacher endlich auch in Hamburg (Laeiszhalle) "Das Floß der Medusa" (Oratorium in memoriam Che Guevara) zur Aufführung , - die Uraufführung 1968 in Hamburg war unter Tumulten nebst Polizeieinsatz gescheitert, der Chor hatte seine Mitwirkung wegen einer roten Fahne am Dirigentenpult verweigert (Bericht in "Die Zeit" vom 13. Dezember 1968). Im September 2001 stand dann im Großen Haus der Hamburgischen Staatsoper "We Come to the River" auf dem Spielplan, ein Werk aus den 1970er Jahren, einer Zeit, in der Henze auch die Filmmusik zu "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" schuf; die daraus entstandene Konzertsuite für Orchester ist - zusammen mit einem Auszug aus der Filmmusik zu "Un Amour de Swann" - auf LP erschienen, und von dem, was ich nicht live erleben konnte - wie z. B. die Opern "Der junge Lord" und "Boulevard Solitude" oder "Tristan" (Préludes für Klavier, Tonbänder und Orchester von 1974) -, steht einiges jedenfalls in meiner LP-/CD-/DVD-Sammlung.
Foto: Homepage Reto Nickler |
Auch moderne Musik kann Gefühl, Herz und Seele unmittelbar ansprechen und berühren. Danke!