Hamburg 1983 (Foto: privat) |
Mein persönlicher Blick zurück beginnt mit dem 30. Mai 1980. Es gab eine mit Hermann Prey in der Titelpartie prominent besetzte Repertoire-Aufführung von Tschaikowskys „Eugen Onegin“. David Rendall war ein wunderbarer Lenski, aber im letzten Akt ist der Tenor bekanntlich nicht mehr präsent. Da stand nun die Arie des Gremin an, und ich bereitete mich innerlich – ich muss es zugeben – auf einige gepflegt-langweilige Minuten vor... , aber als dann „Ein jeder kennt die Lieb' auf Erden“ erklang – seinerzeit wurde „Eugen Onegin“ noch auf Deutsch gesungen –, war ich hellwach und begeistert. Was für eine Stimme! Was für eine Gestaltung! Samuel Ramey? Wer ist denn das? Googeln konnte man damals ja noch nicht, in der Presse wurde er nicht einmal erwähnt.
Ich aber beschloss, mir diesen Namen zu merken. Und als ich dann einige Monate später den Namen wieder in einer Besetzungsliste entdeckte, war ich natürlich dabei und hörte am 1. November 1980 einen ausgezeichnet gesungenen Banquo in Verdis „Macbeth“.
Dass Ramey in der Zwischenzeit im Sommer 1980 in Aix-en-Provence als Assur in Rossinis „Semiramide“ an der Seite von Marilyn Horne und Montserrat Caballé sein internationaler Durchbruch als Koloraturbass gelungen war, erfuhr ich erst später, - für mich war Samuel Ramey immer noch meine ganz persönliche Entdeckung.
Dass Ramey in der Zwischenzeit im Sommer 1980 in Aix-en-Provence als Assur in Rossinis „Semiramide“ an der Seite von Marilyn Horne und Montserrat Caballé sein internationaler Durchbruch als Koloraturbass gelungen war, erfuhr ich erst später, - für mich war Samuel Ramey immer noch meine ganz persönliche Entdeckung.
Als Assur 1980 in Aix-en-Provence
1983 kam Rossinis „Semiramide“ dann endlich auch nach Hamburg, - wenn auch nur konzertant und – wie in Aix - von über vier Stunden Musiklänge auf knapp drei Stunden gekürzt. In den vier Hauptpartien die Besetzung wie in Aix-en-Provence 1980: Montserrat Caballé, Marilyn Horne, Francisco Araiza und Samuel Ramey. Diese erste Begegnung mit einer ernsten Rossini-Oper hat bei mir eingeschlagen wie der Blitz und mich für diese Musik auf Dauer infiziert, - kein Wunder, wenn man sie so großartig präsentiert bekommt. Das waren in den großen Duetten Horne – Caballé und Horne – Ramey wahre Koloraturwettstreite, und dann die über 15 Minuten lange Solo-Szene des Assur, - atemberaubend! 1985 gab es noch einmal eine Serie, wieder mit dem Vierergespann aus Aix, aber sogar das war noch zu toppen: in der Vorstellung am 13. Mai 1985 sang nicht Araiza den Idreno, sondern...Chris Merritt, damals noch in Augsburg engagiert, aber bald auf dem Weg zur großen internationalen Karriere als Rossini-Baritenor. Der Erfolg in Hamburg war durchschlagend: der Chor trampelte Beifall!
Drei der ganz Großen der Rossini-Renaissance zusammen auf der Bühne, unvergesslich!
Welches Opernneuland in den 1980-er Jahren mit den unbekannten Opern Rossinis betreten wurde, mag folgende Begebenheit veranschaulichen: Als in einer Mailänder Zeitung berichtet wurde, dass die Scala erstmalig „Il viaggio a Reims“ - also die Reise nach Reims - präsentiert, soll es Anrufe von Interessenten gegeben haben, die nach Reims mitfahren wollten!
Welches Opernneuland in den 1980-er Jahren mit den unbekannten Opern Rossinis betreten wurde, mag folgende Begebenheit veranschaulichen: Als in einer Mailänder Zeitung berichtet wurde, dass die Scala erstmalig „Il viaggio a Reims“ - also die Reise nach Reims - präsentiert, soll es Anrufe von Interessenten gegeben haben, die nach Reims mitfahren wollten!
Leider blieb der Assur die einzige Rossini-Partie, in der ich Samuel Ramey live erleben durfte. Aber in anderen Rollen gastierte er in Hamburg: Die vier Bösewichte in „Les Contes d'Hoffmann“ von Offenbach (1983), König Philipp in Verdis „Don Carlo“ (1983 und 1985), Mephistofeles in Gounods „Faust“ (1985 und 1986), Boitos „Mefistofele“ (konzertant 1986) und Mozarts „Don Giovanni“ (1987 und 1988). Ein besonderes Ereignis war der Solo-Abend am 21. März 1988 mit einem weitgefächerten Programm von Händel und Purcell über Schubert, Rossini, Britten, Ravel bis Ives und mit fünf Zugaben von Mozart über Gounod bis zum „Ol' Man River“.
Herzlichen Dank, lieber Samuel Ramey!
Interview The Houston Chronicle 17. April 2012:
Bass Samuel Ramey still loves his opera life
Der Post wurde am 7. März 2013 überarbeitet, indem einige bei YouTube
zwischenzeitlich gelöschte Videos ersetzt worden sind.