21. Juni 2013

Giovanni Simone Mayr, ein deutscher Komponist in Italien - Zur 250. Wiederkehr des Geburtstags des "Vaters der italienischen Oper"

Nachtrag (28. August 2016):
"Arme Medea, armer Mayr" (Opera Lounge) mit vielen Details zu Leben und Werk Mayrs und einer umfassenden aktuellen Diskographie


Johann Simon Mayr wurde am 14. Juni 1763 in Mendorf bei Altmannstein, Landkreis Eichstätt, geboren. Ab 1777 studierte er in Ingolstadt Theologie, Philosophie, Medizin, Jura und Kanonisches Recht und war daneben auch als Organist tätig. 1789 ging er nach Italien. Am 2. Dezember 1845 starb er in Bergamo; in der dortigen Basilika Santa Maria Maggiore fand er - ebenso wie Donizetti - seine letzte Ruhestätte. Bis vor Kurzem fand Mayr fast nur als Donizettis Lehrer Erwähnung, dabei war er zu Lebzeiten ein gefeierter Komponist, der als Giovanni Simone Mayr rund sechzig Opern komponierte (Werkverzeichnis bei Wikipedia) und als "Vater der italienischen Oper" gilt.

Mit "Ginevra di Scozia" wurde 1801 das Teatro Nuovo in Triest eingeweiht, zur Feier des 200-jährigen Jubiläums gab es 2001 eine Wiederaufführung dieses dramma serio eroico, einer Belcanto-Oper, die an die Sänger teils höchste Anforderungen stellt. So liegt die Titelpartie extrem hoch, beim Anhören des CD-Mitschnitts (Opera Rara) kann man nur staunen, wie Elizabeth Vidal dies bewältigt! Nach ihrer Uraufführung stand "Ginevra di Scozia" dreißig Jahre lang in den verschiedensten Versionen und mit einer meist transponierten Titelpartie auf dem Spielplan, um dann - wie die übrigen Werke Mayrs und auch die vieler seiner Zeitgenossen - in Vergessenheit zu geraten.

Bis zur Jahrtausendwende hatte es kaum Aufnahmen von Werken von Mayr gegeben, von "Medea in Corinto" allerdings immerhin drei Gesamtaufnahmen: beim Label Vanguard eine Aufnahme von 1970 mit Marisa Galvany in der Titelpartie, bei Myto einen Livemitschnitt aus Neapel mit Leyla Gencer und William Johns und 1990 die Aufnahme bei Opera Rara mit Jane Eaglen und Bruce Ford. Ferner gibt es einen Mitschnitt der Oper "La rosa bianca e la rosa rossa" aus Bergamo 1990. Aber in letzter Zeit werden einige seiner Opern und auch geistliche Werke wieder aufgeführt und teils auch als Mitschnitte veröffentlicht. So hat das Festival “Rossini in Wildbad” bereits mehrere Opern von Mayr aufgeführt: 2001 “Verter” (das Werk wird Mayr zugeschrieben, stammt aber möglicherweise von Pucitta; auf CD erschienen bei Bongiovanni), 2003 “L’accademia di musica” und – für mich eine großartige Entdeckung - 2004 “L’amor coniugale”; diese 1805 entstandene „Befreiungs“-Oper basiert auf der gleichen Vorlage wie Beethovens Leonore/Fidelio (auf CD erschienen bei Naxos). "Fedra" gab es in Braunschweig, "Medea in Corinto" in München und St. Gallen, "Demetrio, re di Siria" in Posen, um einige weitere der auf CD verfügbaren Produktionen zu nennen. Die 1995 in Ingolstadt gegründete Internationale Simon-Mayr-Gesellschaft e.V. hat viel zur Wiederentdeckung dieses zu Unrecht vergessenen Komponisten beigetragen.

Jetzt zur 250. Wiederkehr des Geburtstags von Mayr gab es Aufführungen von "Ginevra di Scozia" in Ingolstadt am 14. Juni und in Bergamo am 16. Juni 2013. BR-Klassik sendet am 23. Juni den Mitschnitt aus Ingolstadt.

Mehr über Mayrs Bedeutung für die italienische Oper in dem Beitrag von Werner Häußner "Ein Europäer aus der bayerischen Provinz: Johann Simon Mayr zum 250. Geburtstag" und in der ausführlichen Rezension der Aufführung von "Ginevra di Scozia" in Ingolstadt im Neuen Merker.
In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zog es weitere deutsche Komponisten nach Italien:

Giacomo Meyerbeer, der nach Anfängen in Berlin sieben Opern für italienische Bühnen komponierte (s. den Beitrag hier im Blog), bevor er nach Paris ging und dort - beginnend mit "Robert le Diable"(1831) - die Grand Opéra, die als Gattung ihre Anfänge hatte in Rossinis "Moise et Pharaon" (1827), Aubers "La Muette de Portici" (1828) und Rossinis "Guillaume Tell" (1829), zur vollen Blüte führte; Peter von Winter, der für Wien "Das Labyrinth" als Fortsetzung von Mozarts "Zauberflöte" in einem dem Schikaneder-Theater angemessenen Stil komponierte, aber für Bühnen in ganz Europa Opern schrieb (Werkverzeichnis bei Wikipedia), darunter 1817 für die Mailänder Scala "Maometto il fanatismo" (Wiederaufführung 2002 beim Festival "Rossini in Wildbad", Mitschnitt auf CD bei Naxos); hingewiesen sei auch auf die vier italienischen Opern von Otto Nicolai, darunter "Il templario" (Turin 1840, Wiederaufführung 2008 in Chemnitz, Mitschnitt auf CD bei cpo).






Italian Opera - Project Mayr: 











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Ergänzung (7.10.2013):