30. Juni 2013

"Guillaume Tell" und "Ricciardo e Zoraide" - zwei neue Bände der Reihe "Operntexte" der Deutschen Rossini Gesellschaft


 Rechtzeitig zum diesjährigen Festival "Rossini in Wildbad" sind in der von der Deutschen Rossini Gesellschaft herausgegebenen Reihe "Operntexte" die vollständigen Libretti der beiden Rossini-Opern Guillaume Tell und Ricciardo e Zoraide erschienen, zweisprachig und jeweils mit einer ausführlichen Einleitung zur Entstehung des Werks und zur Aufführungshistorie:
 
ISBN 978-3-86583-783-7 | Leipzig 2013, 214 Seiten,
12x19 cm, Klebebindung, € 12,--. Bestellung
Rossini komponierte Guillaume Tell 1828/29 in Paris für die königliche Oper, deren Produktionssystem mehr Musik verlangte, als tatsächlich aufgeführt werden konnte. Vor und nach der Premiere vom 3. August 1829 wurden Stücke gestrichen. Außerdem richtete der Komponist selbst 1831 eine reduzierte dreiaktige Fassung mit einem neuen Finale ein. In dieser Ausgabe der Reihe Operntexte ist der vollständige Wortlaut sämtlicher Musikstücke, wie sie von Rossini vertont wurden, abgedruckt und übersetzt.
 
Die Handlung der Oper:
Um 1300 leiden die innerschweizerischen Gebiete unter dem Joch des österreichischen Landvogts Gessler. Wilhelm Tell verurteilt die Liebe zwischen dem Einheimischen Arnold Melchtal und der habsburgischen Prinzessin Mathilde. Die Ermordung des alten Melchtal wird zum Auslöser der Erhebung der Urner, Schwyzer und Unterwaldner, die unter der Führung von Tell, Arnold und Walter Fürst auf der Rütliwiese über dem Vierwaldstättersee einen Bund schließen. Als Tell bei einem Fest die Verneigung vor Gesslers Hut verweigert, wird er gezwungen, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Jemmy zu schießen. Obwohl der Schuss gelingt, soll Tell ins Gefängnis überführt werden. Er kann fliehen und den Tyrannen töten. Unterdessen haben Arnold und die Eidgenossen Altdorf von den Besatzern befreit. Die Schweizer feiern die wiedererlangte Unabhängigkeit, und Mathilde bekennt sich zu Arnold und seinen Landsleuten.


ISBN 978-3-86583-784-4 | Leipzig 2013, 134 Seiten,
12x19 cm, Klebebindung, € 8,--. Bestellung
Ricciardo e Zoraide ist Rossinis fünfte „Reformoper“ für Neapel, die dort 1818 Triumphe feierte und von dem Komponisten in Wien und Venedig auch in einaktigen Fassungen präsentiert wurde. Bis Mitte der 1830er-Jahre wurde die Oper regelmäßig gespielt, um dann vollständig von den Bühnen zu verschwinden und nur 1990 und 1996 in Pesaro eine Wiederaufnahme zu erleben. Mit der konzertanten Aufführung in Bad Wildbad 2013 soll dem einstigen Erfolg nachgespürt werden. In dieser Ausgabe der Reihe Operntexte ist der vollständige Wortlaut, wie er von Rossini vertont wurde, abgedruckt und übersetzt.
 
Die Handlung der Oper:
Agorant herrscht zur Zeit der Kreuzritterzüge über Nubien. Er hat Hyrkan, einen Fürsten asiatischer Herkunft, vertrieben, weil ihm dieser die Hand seiner Tochter Zoraide verweigerte. Das Mädchen hat den Vater aus Liebe zu dem Paladin Richard verlassen, ist aber von Agorant entführt worden. Dessen eifersüchtige Gattin Zomira intrigiert gegen Zoraide. Der fränkische Gesandte Ernest verlangt ihre Freilassung, während der als Afrikaner verkleidete Richard sie unter einem Vorwand sprechen kann. Zoraide widersetzt sich weiterhin Agorants Anträgen und soll mit Gefängnis bestraft werden, sofern sich kein Verteidiger findet. Hyrkan stellt sich unerkannt dem Zweikampf, während der verkleidete Richard Agorant vertreten muss. Dieser siegt, wird jedoch von Zomira enttarnt und gefangen gesetzt. Sie verhilft den Liebenden erst zur Flucht und lässt sie dann festnehmen, um sie der Rache des betrogenen Königs auszuliefern. Im letzten Moment können die Kreuzritter Richard befreien, der Agorant das Leben schenkt, während Hyrkan dem Paladin die Hand seiner Tochter gewährt..
  

24. Juni 2013

Baritenor Michael Spyres und Tenor Colin Lee als Rodrigo in London


Gute, sehr gute und sogar einige exzellente Rossini-Tenöre gibt es heutzutage glücklicherweise, aber die Partien, die Rossini in Neapel für Andrea Nozzari komponierte, sind nach wie vor schwer zu besetzen: z. B. die Titelpartie des Otello, Rinaldo in Armida, Agorante in Ricciardo e Zoraide, Pirro in Ermione, Antenore in Zelmira und Rodrigo in La donna del lago. Andrea Nozzari war ein sog. Baritenor:
Baritenor (or its Italian form, baritenore) is still used today to describe a type of Tenor voice which came to particular prominence in Rossini's operas. It is characterized by a dark, weighty lower octave and a ringing upper one but with sufficient agility for coloratura singing (Wikipedia)
La donna del lago wurde in letzter Zeit u. a. in Mailand, Paris und nun auch am ROH Covent Garden in London aufgeführt. Während in diesen drei Produktionen die Titelpartie mit Joyce DiDonato und Uberto/Giacomo V mit Juan Diego Flórez als den wohl unbestritten derzeit besten Vertretern dieser Rollen besetzt waren, konnte man als Rodrigo drei verschiedene Tenöre hören: John Osborn (Mailand und Paris), Colin Lee (London) und Michael Spyres (Mailand und London). Von diesen ist lediglich Michael Spyres ein Baritenor, den beiden anderen fehlt das erforderliche tiefe Register, was nicht nur ein gesangstechnisches Problem ist, sondern auch den Charakter der Partie des Rodrigo nicht unwesentlich verändert. Bereits die ersten Takte machen die Unterschiede hörbar, von besonderem Interesse ist aber auch die freie, in der Kritischen Edition mit a piacere bezeichnete Passage, in der der Sänger seine Rolle frei gestalten und rollengerecht dramatisieren darf:

"Eccomi a voi, miei prodi" (Rodrigo, 1. Akt)

Michael Spyres (London Juni 2013)

Michael Spyres hat in London nicht nur zwei vorgesehene Vorstellungen im Juni gesungen, sondern war in der Premiere und der zweiten Vorstellung für den erkrankten Colin Lee eingesprungen (Links zu Premierenberichten hier im Blog in der Presseschau). Am 23. August 2013 wird Michael Spyres beim Rossini Opera Festival in Pesaro in einer konzertanten Aufführung unter Alberto Zedda ebenfalls den Rodrigo singen, neben Dmitry Korchak als Uberto/Giacomo V. 

Michael Spyres (Mailand Okt. 2011) 
 
 
(ab 3:13) 

Im Januar 2012 hat Colin Lee dagegen in einer konzertanten Aufführung in Moskau den Uberto gesungen (Video),
Rodrigo war dort Randall Bills:
 
Randall Bills wird dieses Jahr beim Festival "Rossini in Wildbad" in Ricciardo
e Zoraide den Agorante - neben Maxim Mironov als Ricciardo - singen.

Das YouTube-Video mit John Osborn als Rodrigo an der Mailänder Scala ist
leider gelöscht worden, so dass derzeit nur dieser Ausschnitt zur Verfügung steht:
 
 
Weitere Videos mit Aufnahmen der Rodrigo-Arie:
 
und
(mit June Anderson und Rockwell Blake unter Riccardo Muti)

 
 
 
 
 
Michael Spyres äußert sich in zahlreichen Interviews
detailliert zu Belcanto-Oper und Belcanto-Gesang.
Eine Zusammenstellung von Links zu diesen Interviews
findet sich hier im Blog auf der
 
 

 

21. Juni 2013

Giovanni Simone Mayr, ein deutscher Komponist in Italien - Zur 250. Wiederkehr des Geburtstags des "Vaters der italienischen Oper"

Nachtrag (28. August 2016):
"Arme Medea, armer Mayr" (Opera Lounge) mit vielen Details zu Leben und Werk Mayrs und einer umfassenden aktuellen Diskographie


Johann Simon Mayr wurde am 14. Juni 1763 in Mendorf bei Altmannstein, Landkreis Eichstätt, geboren. Ab 1777 studierte er in Ingolstadt Theologie, Philosophie, Medizin, Jura und Kanonisches Recht und war daneben auch als Organist tätig. 1789 ging er nach Italien. Am 2. Dezember 1845 starb er in Bergamo; in der dortigen Basilika Santa Maria Maggiore fand er - ebenso wie Donizetti - seine letzte Ruhestätte. Bis vor Kurzem fand Mayr fast nur als Donizettis Lehrer Erwähnung, dabei war er zu Lebzeiten ein gefeierter Komponist, der als Giovanni Simone Mayr rund sechzig Opern komponierte (Werkverzeichnis bei Wikipedia) und als "Vater der italienischen Oper" gilt.

Mit "Ginevra di Scozia" wurde 1801 das Teatro Nuovo in Triest eingeweiht, zur Feier des 200-jährigen Jubiläums gab es 2001 eine Wiederaufführung dieses dramma serio eroico, einer Belcanto-Oper, die an die Sänger teils höchste Anforderungen stellt. So liegt die Titelpartie extrem hoch, beim Anhören des CD-Mitschnitts (Opera Rara) kann man nur staunen, wie Elizabeth Vidal dies bewältigt! Nach ihrer Uraufführung stand "Ginevra di Scozia" dreißig Jahre lang in den verschiedensten Versionen und mit einer meist transponierten Titelpartie auf dem Spielplan, um dann - wie die übrigen Werke Mayrs und auch die vieler seiner Zeitgenossen - in Vergessenheit zu geraten.

Bis zur Jahrtausendwende hatte es kaum Aufnahmen von Werken von Mayr gegeben, von "Medea in Corinto" allerdings immerhin drei Gesamtaufnahmen: beim Label Vanguard eine Aufnahme von 1970 mit Marisa Galvany in der Titelpartie, bei Myto einen Livemitschnitt aus Neapel mit Leyla Gencer und William Johns und 1990 die Aufnahme bei Opera Rara mit Jane Eaglen und Bruce Ford. Ferner gibt es einen Mitschnitt der Oper "La rosa bianca e la rosa rossa" aus Bergamo 1990. Aber in letzter Zeit werden einige seiner Opern und auch geistliche Werke wieder aufgeführt und teils auch als Mitschnitte veröffentlicht. So hat das Festival “Rossini in Wildbad” bereits mehrere Opern von Mayr aufgeführt: 2001 “Verter” (das Werk wird Mayr zugeschrieben, stammt aber möglicherweise von Pucitta; auf CD erschienen bei Bongiovanni), 2003 “L’accademia di musica” und – für mich eine großartige Entdeckung - 2004 “L’amor coniugale”; diese 1805 entstandene „Befreiungs“-Oper basiert auf der gleichen Vorlage wie Beethovens Leonore/Fidelio (auf CD erschienen bei Naxos). "Fedra" gab es in Braunschweig, "Medea in Corinto" in München und St. Gallen, "Demetrio, re di Siria" in Posen, um einige weitere der auf CD verfügbaren Produktionen zu nennen. Die 1995 in Ingolstadt gegründete Internationale Simon-Mayr-Gesellschaft e.V. hat viel zur Wiederentdeckung dieses zu Unrecht vergessenen Komponisten beigetragen.

Jetzt zur 250. Wiederkehr des Geburtstags von Mayr gab es Aufführungen von "Ginevra di Scozia" in Ingolstadt am 14. Juni und in Bergamo am 16. Juni 2013. BR-Klassik sendet am 23. Juni den Mitschnitt aus Ingolstadt.

Mehr über Mayrs Bedeutung für die italienische Oper in dem Beitrag von Werner Häußner "Ein Europäer aus der bayerischen Provinz: Johann Simon Mayr zum 250. Geburtstag" und in der ausführlichen Rezension der Aufführung von "Ginevra di Scozia" in Ingolstadt im Neuen Merker.
In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zog es weitere deutsche Komponisten nach Italien:

Giacomo Meyerbeer, der nach Anfängen in Berlin sieben Opern für italienische Bühnen komponierte (s. den Beitrag hier im Blog), bevor er nach Paris ging und dort - beginnend mit "Robert le Diable"(1831) - die Grand Opéra, die als Gattung ihre Anfänge hatte in Rossinis "Moise et Pharaon" (1827), Aubers "La Muette de Portici" (1828) und Rossinis "Guillaume Tell" (1829), zur vollen Blüte führte; Peter von Winter, der für Wien "Das Labyrinth" als Fortsetzung von Mozarts "Zauberflöte" in einem dem Schikaneder-Theater angemessenen Stil komponierte, aber für Bühnen in ganz Europa Opern schrieb (Werkverzeichnis bei Wikipedia), darunter 1817 für die Mailänder Scala "Maometto il fanatismo" (Wiederaufführung 2002 beim Festival "Rossini in Wildbad", Mitschnitt auf CD bei Naxos); hingewiesen sei auch auf die vier italienischen Opern von Otto Nicolai, darunter "Il templario" (Turin 1840, Wiederaufführung 2008 in Chemnitz, Mitschnitt auf CD bei cpo).






Italian Opera - Project Mayr: 











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Ergänzung (7.10.2013):

13. Juni 2013

Opernsendungen: Aktuelle Tipps und ergänzende Infos


Am morgigen Freitag, 14. Juni, bringt BR-alpha eine etwas rätselhaft betitelte Dokumentation: alpha-Österreich: Don Giovanni - Der bestrafte Wüstling in Albanien. Nähere Informationen zu dieser Sendung fehlen, und so habe ich gegoogelt und bin auf der Seite der Deutschen Botschaft in Tirana fündig geworden:

Nachtrag (14.6.):
Der Sender BR-alpha verwies soeben per Mail auf die ORF-Seite

Am kommenden Sonnabend, 15. Juni, sendet BBC Radio 3 Rossinis La donna del lago aus dem ROH Covent Garden London,  mit Joyce DiDonato, Juan Diego Flórez und Daniela Barcellona ein Rossini-Highlight erster Güte. Wie eine Rückfrage bei der BBC ergeben hat, handelt es sich um den Mitschnitt der Aufführung vom 31. Mai 2013, in der Colin Lee den Rodrigo gesungen hat, - ein guter Tenor, den ich in Tancredi und La Fille du Régiment habe hören können, aber in der Rolle eines Baritenors? So wird es leider keine Gelegenheit geben, die euphorischen Berichte (s. Blogseite Presseschau) über den in der Premiere und in der zweiten Vorstellung eingesprungenen Michael Spyres nachzuvollziehen. Der Mitschnitt wird im Internet noch für sieben Tage als Stream zur Verfügung stehen (Link zur Seite von BBC Radio 3 am Ende der Blogseite 'Opernsendungen aktuell', bis Sonnabend steht noch die Aufnahme des Nabucco mit Placido Domingo in der Titelpartie zur Verfügung) und wohl auch demnächst bei anderen Sendern im Programm sein, so dass man sich am Sonnabend ggf. ganz der Rarität aus Lüttich widmen kann: Guillaume Tell - nicht von Rossini, sondern von André-Ernest-Modeste Grétry (1741 - 1813) auf SR 2!

Biografie

Am 16. und 30. Juni sendet das Bayerische Fernsehen die Folgen 2 und 3 der dreiteiligen Dokumentation über die Arbeit des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper. Wie ich beim Ansehen der ersten Folge entdeckte, gehörte zu den Opernstudio-Mitgliedern damals - d. h. 2007/08 - der 1983 geborene rumänische Bass Adrian Sampetrean, zur Zeit noch Ensemblemitglied an der Hamburgischen Staatsoper, aber bereits auf dem Weg zu einer internationalen Karriere, - was nicht überrascht, wenn man über zwei Jahre die positive Entwicklung dieser runden, legatoreichen  und koloraturgewandten Stimme mit klangvoller Tiefe in Rollen wie z. B. Leporello in Don Giovanni, Raimondo in Lucia di Lammermoor  und Alidoro in La Cenerentola und im Verdi-Requiem hat miterleben können. Dieses Jahr singt er - nach seinem Debüt an der Mailänder Scala (Banco und Oberto im Mai) - in der Arena von Verona den Ramfis in Verdis Aida, zu sehen im ZDF am Sonntag, 16. Juni.


Nicht nur Verdi, Wagner und Britten haben dieses Jahr runde 'Geburtstage', sondern auch Johann Simon Mayr, aus dem in Italien der seinerzeit sehr erfolgreiche Komponist Giovanni Simone Mayr und der Lehrer Donizettis wurde. In Ingolstadt wird - ebenso wie in Bergamo - anlässlich der  250. Wiederkehr seines Geburtstags die Oper Ginevra di Scozia aufgeführt; BR-Klassik bringt am 23. Juni eine Aufzeichnung.

Am 27. Juni auf BR-Klassik und am 5. Juli als Video-Livestream im Internet kann man Jonas Kaufmann als Manrico in Verdis Il trovatore an der Bayerischen Staatsoper erleben.

Am 30. Juni sendet der NDR in seinem Fernsehprogramm aus der Reihe der Musikalischen Reiseführer die Folge "Rossini in Bad Wildbad", - eine gute Einstimmung auf das bevorstehende Festival "Rossini in Wildbad".

Details zu den genannten Sendungen unter

12. Juni 2013

Konzert Cecilia Bartoli am 4. Juni 2013 in Hamburg: Viel Beifall für einen weißen Fleck - Streit über Bildberichterstattung von Konzerten


Es war ein wunderbares Konzert am 4. Juni 2013 in der Hamburger Laeiszhalle. Cecilia Bartoli präsentierte ihre auf der CD "Mission" eingespielten neuesten Ausgrabungen aus Opern von Agostino Steffani, und mit ihrer Gestaltungskunst machte sie kleine Pretiosen aus den eher schlichten Stücken dieses Komponisten, mit dem ich bisher nur das Erlebnis einer nicht gerade inspirierenden Opernaufführung - nämlich des "Orlando generoso" im Juni 2008 in Hannover-Herrenhausen - verbunden hatte. Groß war die Begeisterung des Publikums, das in das von den Orchestermitgliedern gesungene "Happy Birthday" einstimmte. Das alles ist nachzulesen im Bericht im Hamburger Abendblatt vom 6. Juni 2013, - dort aber fiel der erstaunte Blick als erstes auf einen riesigen weißen Fleck, an dem sich nun eine Diskussion über ein grundsätzliches Thema entzündet hat:
 
Die Pressefreiheit bei der Bildberichterstattung von Konzerten
 
Statt eines schönen Geburtstagsfotos ein riesiger weißer Fleck!
Wie viel Einfluss dürfen Künstler auf die Berichterstattung über sie nehmen?
Ist es hinnehmbar, dass sie bestimmen, welches Foto von ihnen gedruckt wird?
 
(Hamburger Abendblatt vom 6. Juni 2013)

 
Die Konzertdirektion reagierte mit diesem sehr emotionalen Leserbrief:
 
 
Im Hamburger Abendblatt (HA) vom 11. Juni 2013 nun eine ganze Seite zum Thema mit einem Streitgespräch zwischen dem Geschäftsführer der Konzertdirektion und dem Abendblatt-Chefredakteur:
 
"Viel Beifall für einen weißen Fleck. Aus Protest gegen die unzumutbaren Bedingungen für Fotografen verzichtete das Hamburger Abendblatt am vergangenen Donnerstag auf ein Bild zu seinem Bericht über das umjubelte Konzert von Cecilia Bartoli. Die Zustimmung bei Lesern und auf Facebook ist enorm, der Journalistenverband DJV lobt einen "vorbildlichen Umgang". Scharfe Kritik hingegen kommt vom Veranstalter, der Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette. Deren Geschäftsführer Christian Kuhnt im Streitgespräch mit Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider" ... Da wird dem HA vorgeworfen, das "Foto" als Aufmacher sei schlimmer als jeder Verriss, weil es bösartig suggeriere, eine Diva würde die Pressefreiheit angreifen, obwohl man doch nur die Künstler schützen wolle; von "Skandal" ist die Rede;  "So kann man in Hamburg nicht mit Künstlern umgehen" steht gegen "So kann man in Hamburg nicht mit Medien umgehen", - soweit einige Stichworte zum Schlagabtausch, ...mehr:
 
und
(Hamburger Abendblatt vom 11. Juni 2013)
 
Es bleibt abzuwarten, wie das Hamburger Abendblatt sich künftig verhalten wird. Und es stellt sich natürlich auch die Frage nach der bisherigen Handhabung, insbesondere ob Agenturfotos immer nur dann genommen wurden, wenn kein eigener Fotograf vor Ort war, bzw. ob auf Bildmaterial überhaupt ganz verzichtet wurde, wenn eigene Fotografen wegen unannehmbarer Bedingungen nicht entsandt wurden. Eigentlich wäre ja nichts dagegen einzuwenden, sondern ein Akt der Höflichkeit, einer Künstlerin die von ihr bei einem öffentlichen Auftritt aufgenommenen Fotos zu zeigen und sich ihre Meinung dazu anzuhören. Stein des Anstoßes ist somit das verlangte Recht, einseitig und allein zu bestimmen, welches Foto veröffentlicht werden darf, und das Verlangen nach Löschung der übrigen Fotos hat dann wohl das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.
 
 Im Pop-Bereich ist so etwas schon lange gang und gäbe:
Popstars und die Pressefreiheit
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Reaktionen auf die Aktion des HA:
HA-Leserbotschafter/Public Editor
Bartoli is reviewed with a blank after insisting on image control (Arts Journal Slipped Disc 11.6.2013)
Cecilia Bartoli threatens European Democracy (Intermezzo 11.6.2013)
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Hier im Blog:
 Weitere aktuelle Themen

11. Juni 2013

Disput um die Absage der Händel-Festspiele in Halle - Offener Brief von Axel Köhler - Premiere von Händels "Almira" jetzt am 21. Juni 2013

 
 

Die Händel-Festspiele 2013, die in Händels Geburtsstadt Halle an der Saale vom 6. bis 16. Juni stattfinden sollten, sind wegen des Hochwassers komplett abgesagt worden, darunter auch die für den 14. Juni vorgesehene Premiere der Oper "Almira, Königin von Kastilien".

Über die schnelle und vollständige Absage der Festspiele ist ein Disput entbrannt, bis hin zu Befürchtungen, die Absage könnte das endgültige Aus für die Festspiele bedeuten. Hier der vom MDR veröffentlichte Offene Brief von Axel Köhler, Intendant der Oper Halle:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Herr Dr. Wiegand,
Sie können sich vorstellen, dass bei mir die Journalisten anfragen und meine Meinung zur Absage der Händelfestspiele wissen möchten. Bevor sie diese aus der Zeitung erfahren, möchte ich sie Ihnen auf diesem Wege zur Kenntnis geben.

Zuerst einmal möchte ich mein Mitgefühl mit allen Betroffenen zum Ausdruck bringen und allen viel Kraft und Zuversicht wünschen. Ich weiß, wovon ich rede, in meiner engsten Verwandtschaft wird es an der Elbe eine Familie innerhalb von 11 Jahren zum zweiten Mal treffen, dies allerdings mit voller Wucht, denn das Haus wird morgen bis zum Dach in den Fluten versunken sein.

Aus meiner Sicht wäre es sicher ein Gewinn gewesen, vor der Beschlussfassung eine
Eilzusammenkunft mit wichtigen Kulturschaffenden der Stadt Halle einzuberufen und sich gemeinsam eine Meinung zu bilden. Die eine Stunde wäre noch Zeit gewesen.
Es ist nachvollziehbar, dass die Händelfestspiele unter den gegebenen Umständen nicht
unbedingt am 06.06. beginnen sollten. Als Begründung wäre die öffentliche Sicherheitslage und die Bindung der Einsatzkräfte an die Orte der Überflutung plausibel gewesen. Die generelle Absage bis einschließlich 16.06. in Verbindung mit der Absage aller städtischen Veranstaltungen halte ich aus verschiedenen Gründen allerdings für ein Desaster.

Die erwarteten Künstler und die Kulturliebenden, die aus der ganzen Welt angereist wären, hätten der Stadt Halle und den von der Flut betroffenen Menschen ein unvorstellbares Maß an Solidarität und Unterstützung beschert. Es hätte spontane Benefizveranstaltungen und Gagenverzichtserklärungen gegeben. Händel wäre vom Kulturbotschafter zum Solidaritätsbotschafter geworden und hätte die Anteilnahme in vielen Teilen der Welt auf Halle gerichtet und verstärkt. Diese Chance ist durch die aus meiner Sicht übereilte Absage vertan worden.

Es ist auch nie und nimmer im Sinne Händels, genau in solchen Situationen auf die Kraft und heilende Wirkung der Kultur zu verzichten. Er hat es uns anders vorgelebt. Er selbst hat Werke zu Gunsten Bedürftiger komponiert (z.B. das „Foundling Hospital Anthem“) und viele viele Benefizveranstaltungen vom Zaun gebrochen zum Trost und zur Motivation leidender und bedürftiger Menschen.

Was mich persönlich sehr sorgenvoll stimmt, ist das Verständnis oder besser formuliert das Mißverständnis von Kultur. Wenn die Begründung der Absage lautet: „Die Stadt kann nicht feiern, wenn Menschen in Not sind“, dann wird die Kultur automatisch mit Volksbelustigung in Art einer Fanmeile auf eine Stufe gestellt, die jederzeit verzichtbar ist.

Das unterschwellige politische Signal der Absage der Händelfestspiele lautet deshalb: Wir können Kunst in dieser Situation nicht gebrauchen, wir wollen die Kunst und Kultur nur dann, wenn es uns gut genug dafür geht, als verzichtbares Sahnehäubchen also. Aber zur Bespaßung sind wir Künstler nicht auf der Welt und genau die Funktion in der Gesellschaft, die Kunst und Kultur haben sollte, hätte in dieser Notsituationen zum Tragen kommen können und müssen und hätte eine enorme positive Energie entfaltet.


Aus meiner Sicht ist der Stadt und auch den Flutopfern durch die Absage der Händelfestspiele kein Nutzen entstanden, sondern es hat sich der materielle Schaden vergrößert, das Image ist beschädigt und die Chance auf ein Handeln im Sinne Georg Friedrich Händels vertan worden. So etwas geschieht, wenn man das Grundvertrauen in das verloren hat, was den Menschen vom Tier unterscheidet: Die Kultur.

So stehe ich persönlich dazu und das wollte ich Sie als Ersten wissen lassen. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, getroffene Entscheidungen wenigstens in Teilen zu revidieren, wir stehen bereit und könnten jederzeit das Unsrige dazu beitragen.

Mit allen guten Wünschen in Zeiten der Not,

Ihr Axel Köhler
Intendant der Oper Halle
 
 
Die Oper Halle hat jetzt ihren Spielplan geändert und die Premiere von Händels
Oper "Almira, Königin von Kastilien" für den 21. Juni 2013 angesetzt:
 
 
Weitere Vorstellungen an der Oper Halle ab November 2013 (s. hier)
 
 
Die Oper "Almira, Königin von Kastilien" (HWV 1), die als einzige der von Händel für die Hamburger Oper am Gänsemarkt geschriebenen Opern erhalten und dort im Frühjahr 1705 uraufgeführt worden ist, wird kommende Spielzeit ab 25. Mai 2014 (in einer Co-Produktion mit den Innsbrucker Festtagen der Alten Musik 2014) auch auf dem Spielplan der Hamburgischen Staatsoper stehen... mehr 
 
 
 
Nachtrag: 
 
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Hier im Blog:
 



6. Juni 2013

Antonino Fogliani: Zehn Jahre Rossini-Dirigent in Bad Wildbad ​

Pressemitteilung 6/2013

Bad Wildbad. Antonino Fogliani feiert eine Dekade beim Belcanto Opera Festival ROSSINI IN WILDBAD mit dem Dirigat der vollständigen Aufführung von Rossinis monumentalem Meisterwerk GUILLAUME TELL. Gerade eben kommt der Maestro von den Orchesterproben in Brno (Tschechien) zurück. Er ist beglückt über das hohe Niveau des Orchesters, das alle seine Intentionen umsetzen kann.

Fogliani, einem der weltweit führenden Rossini-Spezialisten, ist als Musikdirektor des Opernfestivals das hohe musikalische Niveau von ROSSINI IN WILDBAD mit zu verdanken. Seitdem er 2004 mit Ciro in Babilonia (erfolgreiche CD bei Naxos!) zum ersten Mal in Bad Wildbad dirigierte, kehrt der in Messina geborene Antonino Fogliani jährlich in den Schwarzwald zurück. Grund hierfür ist auch die familiäre Atmosphäre bei ROSSINI IN WILDBAD, wo sich jeden Sommer Musiker, Sänger und Belcanto-Liebhaber aus Italien und der ganzen Welt treffen.
Antonino Fogliani graduierte zunächst im Fach Klavier bevor er bei Vittorio Parisi am Konservatorium Giuseppe Verdi in Mailand Dirigieren studierte. Seinem gefeierten Debüt beim Rossini Opera Festival Pesaro 2001 mit Rossinis Il viaggio a Reims folgten zahlreiche Verpflichtungen an bekannten Opernhäusern, darunter das Teatro La Fenice Venedig, das Teatro dell’Opera Rom, das Teatro San Carlo Neapel und die Opéra Comique Paris. An der Mailänder Scala dirigierte er unter anderem die Neuproduktion von Donizettis Maria Stuarda. Regelmäßig leitet er das Orchestra nazionale di Santa Cecilia Rom, das Orchestra Filarmonica des Teatro V. Bellini in Catania, das Orchester I Pomeriggi Musicali in Mailand oder auch das Sydney Symphony Orchestra.

Neben zahlreichen weiteren Dirigaten unter anderem in Houston, am Bolschoi Theater in Moskau, am Liceu in Barcelona oder in St. Gallen spielte Fogliani zahlreiche CD-Aufnahmen ein, darunter Rossinis Ciro in Babilonia, Mosè in Egitto, Otello, Semiramide und L’occasione fa il ladro (Naxos) sowie DVDs von Maria Stuarda und Lucia di Lammermoor. Bei Naxos erscheinen demnächst unter anderem die Aufnahmen von Mercadantes I Briganti. Von Mercadante hat er auch Don Chisciotte ersteingespielt.


Anlässlich seines Jubiläums führte ROSSINI IN WILDBAD ein kurzes Interview mit Antonino Fogliani: 


- Gab es eine musikalische Entwicklung in den letzten zehn Jahren?


Die wichtigste musikalische Entwicklung betrifft meine Person. In diesen 10 Jahren ist mein musikalischer Gedanke und meine Fähigkeit zur Interpertation als Dirigent gereift. Wenn Du als junger Dirigent das Vertrauen spürst, das dieses Festival in Dich legt, dann ist das ein Ansporn, Dich zu verbessern. Und damit verbesserst Du auch Deine Umgebung. Wildbad ist für mich wie ein Rossini Crescendo in menschlicher wie professioneller Hinsicht.



- Was verbindet Sie mit ROSSINI IN WILDBAD?



Das Festival ist für mich eine Familie. Ich arbeite hier seit 10 Jahren mit immer größerer Leidenschaft. Es ist ein fester Termin in meinem biologischen Jahresrhythmus. Dieses Festival mochte mich von Anfang an und ich wurde überwältigt von der Ernsthaftigkeit und Liebe, welche das Festival den Musikern gegenüber beweist.



- Welches besondere Ereignis oder Konzert blieb Ihnen in Erinnerung? 


 

​Viele! Die Semiramide 2012 mit einem Cast, der der Scala oder der MET würdig gewesen wäre. Die Uraufführung von Rihms Ödipus, der Erfolg von Cenerentola und I Briganti. Alles goße Emotionen!

- Welche Begegnung / Sänger beeindruckte Sie am meisten?



Da gibt es viele, aber vor allem Jochen Schönleber, Kopf und Herz des Festivals. Dann die menschlichen und künstlerischen Beziehungen zu Bruno Praticò oder Lorenzo Regazzo, die Wildbader Freunde. Es ist wie eine andere Familie, die mich jedes Jahr im Schwarzwald erwartet.


- Welche Vor- und Nachteile bietet das Belcanto Opera Festival im Schwarzwald?



Da gibt es keine Nachteile. Das ist ein wunderbarer Ort mit gastfreundlichen Menschen. Nur manchmal vermissen wir Künstler Wifi in den Häusern der Stadt. Seitdem ich vor 10 Jahren nach Bad Wildbad gekommen bin, hat sich die Situationen nicht verändert. Wir Künstler mögen gerne online sein. Vielleicht ist es aber besser so: Weniger Ablenkung.



- Welche Projekte / Oper würden Sie gern mit RiW verwirklichen?



Ich würde gerne Donna del lago und Ermione dirigieren und regelmäßig ein sinfonisches Programm im Festival verwirklichen. Alle bisherigen Versuche haben großen Erfolg gehabt!

Homepage Rossini in Wildbad
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Homepage Antonino Fogliani

Die von Naxos veröffentlichten Mitschnitte aus Bad Wildbad in der
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Eine ausführliche Biographie aus der Zeit vor Bad Wildbad, als er im
Alter von 25 Jahren zum Abschluss des Verdi-Jahrs 2001 das Silvesterkonzert 
im Teatro Giuseppe Verdi in Busseto dirigierte:




Rossini Opera Festival Pesaro 2001: 
(Zum Vergrößern ins Bild klicken)
 

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Nachtrag: 

Italiens Opernquerkopf (Die Weltwoche, Ausgabe 25/08)